Vom 6. bis zum 9. Lebensjahr findet eine bedeutende Veränderung in der Entwicklung des Kindes statt.

Das Kind kommt aus seinem individuellen Raum heraus und wird sich der Umgebung bewusst. Dadurch wird es fähig, sich und seine Umgebung zu reflektieren. Die Kinder sind nun fähig, höhere Konzepte wie das (soziale) Umfeld, den Sinn des Lebens oder die Grundlagen höherer Mathematik zu verstehen. Deshalb ist dies der ideale Altersabschnitt für den Beginn der Vermittlung dieser Konzepte.

Auch die Einführung künstlerischer Fähigkeiten wie Singen, vor Publikum aufzutreten und die eigenen Gedanken mündlich und schriftlich auszudrücken ist in diesem Altersabschnitt sinnvoll.

Neben dem Erlernen von sozialer Kompetenz wird dem Kind dadurch auch klar, dass die Arbeit in der Gruppe die eigene Kreativität steigert.

Beginnend mit dieser Altersgruppe ist es wichtig, Kinder zu altersgerechten Ausflügen und Exkursionen mitzunehmen, um sie mit dem „Leben in der richtigen Welt“ vertraut zu machen.

Werden die oben beschriebenen Aktivitäten richtig eingeführt, wird das Kind sowohl mit seinen eigenen Gedanken und Verlangen als auch mit denen seines Umfelds vertraut. Das Kind wird dabei tiefer verstehen lernen, wodurch es selbst und andere motiviert werden und wird in der Lage sein, sich in andere Menschen in den verschiedensten Lebenslagen hineinzuversetzen.

“Gerichtsverhandlungen” für die Jugend

Jede Empfindung und jeder Gedanke in uns entsteht aus zwei entgegengesetzten Kräften oder Sinneswahrnehmungen: heiss und kalt, Anziehung und Abstossung, Hass und Liebe usw. Diese Kombination von Gegensätzen macht unser ganzes Leben aus. Könnten wir keine Dunkelheit wahrnehmen, wären wir nicht im Stande, Licht zu erkennen und hätten wir nichts Bitteres gekostet, wüssten wir nicht was süss ist. Unsere Fähigkeit, andere zu beurteilen und zu kritisieren ist unabdingbar für unser Einfühlungsvermögen gegenüber ihnen.

Ab dem sechsten Lebensjahr beginnt sich in einem Kind die Neigung auszubilden, sich und andere zu beurteilen. Es ist daher wichtig, das Kind ab diesem Alter an die Entwicklung der richtigen Verbindung mit seinem Umfeld heranzuführen und ihm zu helfen, aktuelle und zukünftige Eindrücke zu verstehen. Viele Psychologen bestätigen heute, dass Leuten, welche Terroranschläge oder andere physische Missbräuche verüben, genau diese Art von Führung im Kindesalter fehlte. Diese Individuen handeln aus dem Wunsch, sich von anderen anerkannt zu fühlen, von anderen als wichtig und speziell betrachtet zu werden und und der Suche nach einem Ort, wo sie sich in die Gesellschaft integrieren können. Das passiert, weil ihnen niemand geholfen hatte, den richtigen Weg zur Verbindung mit dem Umfeld zu verstehen, als sie jung waren. Niemand zeigte ihnen, wie man Aufmerksamkeit, Anerkennung und Ansehen auf richtige Art und Weise erlangt und diese Leere treibt sie dazu, diese Ziele mit allen Mitteln zu erreichen. [1]

Wir können unseren Kindern helfen, diese negativen Ausdrücke in der Gesellschaft zu vermeiden, indem wir ihnen den richtigen Weg zur Verbindung mit anderen als Übungen im Rahmen ihrer Erziehung zeigen Die Kinder müssen durch Rollenspiele lernen, mit verschiedenen Umständen, die sie im Leben antreffen werden, umzugehen. Dazu gehören Situationen von Eifersucht, Macht, Kräftemessen, Lügen und Betrügen. Nach dem sie diese Situationen im Rollenspiel durchlebt haben, sollten sie diskutieren, was passiert ist und warum sie wie reagiert haben. Fragen, wie die folgenden sollten nachfolgend erörtert werden:

„Was ist der Grund für das negative Geschehnis?“„Ist es ein Resultat der menschlichen Natur?“„Wenn ja, ist es möglich, über sie hinauszuwachsen?“

Die Kinder sollten im Rahmen des Unterrichts Gericht halten, um zu lernen mit Fällen von Missbrauch und Diebstahl umzugehen: ein Kind spielt dabei die Rolle des Täters, ein anderes die des Opfers. Weitere zwei Kinder können die Mutter und den Vater des Opfers spielen, während der Rest der Klasse Richter, die Jury, Ankläger und Verteidigung usw. sind. Die Kinder sollen das Szenario ernst nehmen, so als ob sie sich tatsächlich in dieser Rolle befänden. Zum Beispiel sollte der Täter beweisen, dass er unschuldig ist und er keine andere Option hatte, als so zu handeln. Nach der ersten Anhörung des Gerichtes ist es ratsam, den Kindern eine Pause einzuräumen und anschliessend die Rollen zu tauschen. Wenn ein Kind vorher die Rolle des Opfers spielte, sollte es nun die der Mutter oder des Vaters des Täters spielen.

Dies wird den Kindern ermöglichen, verschiedene Rollen zu erleben und sich in ihnen zu beobachten. Sie werden anfangen, sich Fragen zu stellen wie “Wie konnte ich gestern denken, dass er falsch liegt, während ich heute völlig überzeugt bin, dass er recht hat?”. Als Resultat wird daraus weit mehr als ein Spiel, weil die Kinder stufenweise nach dem höheren Sinn des Lebens fragen, und ihn verstehen werden. Sie werden anfangen, sich in andere einzufühlen und “ihren Nächsten zu fühlen”. Das Kind wird anfangen, zu verstehen, dass andere auch Recht haben können, auch wenn es selber eine andere Meinung vertritt. Es wird verstehen, dass es sich morgen in einer anderen Lage befinden könnte und entwickelt daher Gefühle der Empathie, die Fähigkeit, sich mit anderen Leuten und anderen Realitätskonzepten zu identifizieren. Eine weitere Möglichkeit, diese Übung zu erweitern ist, die Diskussion via Internet zu streamen und so eine virtuelle Gemeinschaft von Kindern, welche ihre Meinung zum Thema äussern, miteinzubeziehen.

Durch diese Übung werden die Kinder die Fähigkeit entwickeln, mit verschiedenen Leuten zu kommunizieren, sogar wenn diese nicht mit ihnen einverstanden sind, oder sie gar hassen, weil sie verstehen, dass sie sich in der Zukunft ebenfalls in der anderen Situation befinden könnten. Am wichtigsten bei dieser Art der Erziehung ist, dass die Kinder sich an das Leben in einer globalen und vernetzten Welt gewöhnen werden. Zum Beispiel werden sie ein intuitives Verständnis für die abstrakten Tatsachen der Quantenphysik entwickeln: Jeder von uns beinhaltet alle möglichen Situationen, und jede Person hat einen Platz in dieser Welt, und deswegen müssen wir allen gegenüber geduldig und tolerant sein.

Wenn wir unseren Kindern verständlich machen können, dass wir alle ständigen Veränderungen unterworfen sind (sowie sich unsere eigene Meinung während eines Spiels oder einer Diskussion oder als Resultat davon plötzlich ändern kann) und dass wir vor keiner Veränderung Angst haben sollten, werden sie im Stande sein, ihre Entwicklung während des ganzen Lebens fortzusetzen. Dies wird den Beginn der wahren Reifung des Kindes in ein “menschliches Wesen” markieren, weil ein menschliches Wesen jemand ist, der seine tierischen Verlangen und Triebe überwinden und sich selber von einer weiteren Perspektive des Kollektivs sehen, beurteilen und analysieren kann.

Wie bringt sich der Erzieher in dieses Rollenspiel ein? Seine Verantwortung ist es, die Diskussion interessant und realistisch zu halten, so dass jeder versteht, was diskutiert wird und dass nicht zu unnötigen Themen abgeschweift wird.

Die Dauer eines Rollenspiels kann von wenigen Minuten bis zu zwei Stunden sein und sollte damit abschliessen, dass die Kinder ihre während des Spiels gesammelten Eindrücke miteinander teilen.

Die Grundprinzipien für die Übung sind:

1. Die Situation sollte realistisch und für das Leben der Kinder relevant sein

2. Das Thema der Diskussion sollte an das Alter der Kinder und deren Verständnisniveau angepasst sein. Das wichtigste zu lernende Konzept ist, dass andere Leute ihre eigene Meinung haben dürfen. Wir sind alle Menschen und als solche haben wir alle Schwächen, Probleme und Dinge an uns, die wir nicht mögen. Spiele wie dieses werden uns befähigen, die korrekturbedürftigen Dinge zu korrigieren und die guten Dinge in anderen zu sehen und zu betonen.