Einhergehend mit der Behandlung der Symptome kann die Krise den Start einer neuen Ära der menschlichen Gesellschaft ankündigen.
In der Medizin wird die Diagnose einer Krankheit als eine gute Sache betrachtet. Sie ermöglicht uns, das Problem genau zu lokalisieren und zu behandeln. Dasselbe gilt für die Wirtschaft. Die Wirtschafts- und Finanzkrisen sind global und wirken sich nahezu auf jedes Land der Welt aus. Es ist schwer, den Gesamtschaden der Krise abzuschätzen, da wir noch lange nicht an ihrem Ende angelangt sind. Es ist jedoch klar, dass die Krise eine Fortsetzung der Rezession des Jahres 2008 ist, und es die größte wirtschaftliche und finanzielle Herausforderung seit der großen Wirtschaftskrise 1930 für die Welt ist, diese zu überwinden. Die Art, wie die Regierungen, Bundesbanken und internationale Finanzinstitutionen die sich kontinuierlich entwickelnde und ausweitende Krise im Griff haben werden, wird enormen Einfluss auf die Zukunft unseres Planeten haben. Jede Krise ist eine Chance, und die gegenwärtige bietet die Möglichkeit, den Zustand der Weltwirtschaft, des weltweiten Finanzsystems, den Stand der wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen im internationalen System, sowie die sozialen Beziehungen innerhalb jedes Landes und sogar innerhalb jedes Unternehmens, zu untersuchen.
Selbstbeobachtung ist kein Prozess, der während einer Euphorie durchgeführt wird. Vielmehr vollzieht er sich aufgrund von Mühsal und Leid der Krise. Tatsächlich ist die globale Krise nicht auf die Wirtschaft beschränkt. Im Bereich der Bildung, der innenpolitischen Themen wie Scheidung und häusliche Gewalt, der Ökologie und Schwinden der Naturressourcen der Erde, ist es genauso drastisch. Nur zu oft “erinnert” uns die Natur anhand Erdbeben, Tsunamis, Orkanen oder anderen Naturkatastrophen an unsere Zerbrechlichkeit, aber im Großen und Ganzen stellen die unmittelbaren und geahnten Auswirkungen der globalen Finanzkrise für uns den idealen Weckruf dar, um die Prämissen, auf denen unsere Wirtschaft und Gesellschaft tatsächlich basieren, neu zu überdenken.
Die von der Globalisierung gestellten Herausforderungen
Die große Wirtschaftskrise der 1930er Jahre und der Fehlschlag, sie mit den Paradigmen der klassischen Ökonomie zu überwinden, führte den Ökonomen John Maynard Keynes (1883 -1946) dazu, das Keynesianische Modell zu entwickeln. Dieses Modell behauptet, dass, um Wirtschaftswachstum sicherzustellen, aktives Eingreifen der Regierung in die Finanzmärkte erforderlich ist.
Acht Jahrzehnte später hat sich das Keynesianische Modell selbst als Misserfolg herausgestellt. Es löst nicht die Weltwirtschaftskrise, welche als Finanzkrise begann und sich zu einer Krise in der Wirtschaft der gesamten Welt entwickelte, was sich in Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen und daraus resultierendem sozialem Chaos widerspiegelte.
Das Versagen der alten und geläufigen Finanzmodelle führten Nobelpreisträger Joseph Stiglitz dazu, festzustellen: “In gewisser Hinsicht gibt es nicht nur in unserer Wirtschaft eine Krise, es sollte eine Volkswirtschaftskrise geben.” [1]
Damit ein neues Wirtschaftsmuster tatsächlich erfolgreich sein kann, müsste es die neuen Konditionen, die in der menschlichen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts entstanden sind, in Betracht ziehen. Die Welt ist sozusagen zur Größe eines Dorfes geschrumpft, in welchem gegenseitige Abhängigkeit und Beeinflussung untereinander wachsen. Wir sind zu einem global-integralen System geworden, das sich aus ineinander- greifenden Elementen, die zwingend miteinander verbunden sind, zusammensetzt, wobei wir aufeinander und auf zukünftige Generationen größtenteils negativ wirken.
So baut und nutzt einem Bericht des Sustainable Europe Research Institute (SERI) zufolge “Der Mensch heutzutage rund 50% mehr natürliche Ressourcen als noch vor 30 Jahren – das sind in etwa 60 Milliarden Tonnen Rohstoffe pro Jahr – und angesichts der aktuellen Trends des Wachstums könnte sich unsere Ausbeutung der natürlichen Ressourcen auf 100 Milliarden Tonnen im Jahr 2030 erhöhen. “
Eine weitere negative Auswirkung der Globalisierung ist die Konzentrierung von Macht und Reichtum. Entsprechend einer Pressemitteilung von Credit Suisse, “besitzt weniger als 1 % der erwachsenen Bevölkerung 38,5 % des Welthaushaltsvermögens.” Diese Veröffentlichung führte zu den Kernargumenten der Occupy Bewegung, die im Herbst 2011 in zahlreichen Städten quer durch die Vereinigten Staaten und überall auf der Welt entstanden ist.
Es wurde viel über die Auswirkungen der Globalisierung gesagt.
Der New Yorker Times Kolumnist, Thomas Friedmann, Autor von “Die Welt ist flach: Eine Kurzgeschichte des 21. Jahrhunderts”, veröffentlichte in seiner Kolumne vom 11. Oktober 2011 zwei Theorien, die die beiden Enden der Debatte bezüglich der Auswirkung der Globalisierung repräsentieren.
(wird fortgesetzt)